Viggo Mortensen: Nach dem Film ist vor dem Spiel

by Gini Brenner und Kurt Zechner  (Die Presse)

via https://diepresse.com/home/leben/mensch/3833453/Viggo-Mortensen_Nach-dem-Film-ist-vor-dem-Spiel

Bei der Fußball-WM hat auch ein weltberühmter Filmstar Pause – wie Millionen anderer Fans sitzt auch Viggo Mortensen im Trikot vor dem Fernseher und fiebert mit.

Er ist immer höflich, spricht in leisen, gewählten Worten kluge Dinge, die von einer extensiven Geschichts- und Herzensbildung zeugen: Viggo Mortensen ist das Gegenteil des Fußballfan-Klischees. Aber als der Sohn eines Dänen und einer US-Amerikanerin als Kind in Argentinien lebte, holte er sich den Fußball-Virus. Mortensens Herz gehört dem Verein San Lorenzo de Almagro, er ist ein „Cuervo“, wie sich die Fans nennen, durch und durch. Zu fast jedem Pressetermin erscheint er im rot-blauen Fan-Trikot oder hat zumindest die Vereinsnadel am Revers. Bei der WM gibt er sich als glühender Anhänger der Argentinier, die gestern Abend gegen Belgien um das Halbfinale spielten.


Denken Sie, dass Lionel Messi Diego Maradona folgen und Argentinien zum Weltmeistertitel führen könnte?


Viggo Mortensen: Mein Wunschtraum wäre natürlich ein Finale Argentinien gegen Brasilien, mit Argentinien als Weltmeister (lacht). Das würde dann auch die paar Mäuler stopfen, die immer noch behaupten, Messi sei überbewertet. Ich halte das für Blödsinn. Wenn jemand wirklich gut ist, und das konstant – ob als Künstler, als Schuster oder im Fußball –, beginnen sich die Leute irgendwann zu langweilen und künstlich nach Fehlern zu suchen. Und Messis Niveau ist schon sehr lange sehr hoch. Klar, es gibt nur einen Diego Maradona. Aber er war vielleicht nicht immer ganz so beständig wie Messi. Und er ist einfach jemand, der das Spiel liebt. Er ist so genauso gut beim Zuspiel wie beim Toreschießen. Und um ihn zum Hinfallen zu bringen, muss man ihm fast mit einem Hammer aufs Knie hauen – sonst macht er einfach immer weiter, wie ein verrückter Hund.


Was genau fasziniert Sie als Schauspieler so am Fußball?


Sport und Drama liegen sehr nahe beieinander – außer dass man beim Sport vorher nicht weiß, wie es ausgeht. Bei beidem geht's um Konflikt und Herausforderung, und es gibt Requisiten, Darsteller und eine Bühne – in dem Fall halt das Fußballfeld.


 


Spielen Sie selber?


Nur als Hobby, ich kann fußballspielen in etwa so gut wie singen.


 


Seit Ihrer Kindheit sind Sie Fan des argentinischen Vereins San Lorenzo?


Ja, ich bin ein echter Cuervo (lacht). Ich bin als Kind mit meinen Eltern einige Male umgezogen, wir haben unter anderem in Venezuela und Dänemark gelebt, aber die Zeit in Argentinien habe ich als die glücklichste in Erinnerung. Wie genau ich zum San-Lorenzo-Fan wurde, weiß ich nicht mehr genau, irgendwann in der Volksschule. Ich habe damals die Spiele fanatisch im Radio mitverfolgt. Das erste Match, das ich live im Stadion miterleben konnte, haben wir natürlich verloren – aber diese Stimmung, die unbedingte Loyalität der Fans, war genauso großartig, wie ich es mir immer vorgestellt hatte.


 


Sie haben im Stadion ja sogar schon Filmdeals abgeschlossen, nicht wahr?


Ja, stimmt. Nach einem Match in Buenos Aires sprach mich eine Frau an: „Entschuldigen Sie, sind Sie nicht Viggo Mortensen?“ Sie erzählte mir, sie heiße Ana Piterbarg und hätte mit mir im Hinterkopf ein Drehbuch geschrieben – aber nicht gewusst, wie sie jemals an mich rankommen könnte. Und dann trafen wir uns zufällig. Ich bat sie, mir das Skript von „Everybody Has a Plan“ (lief 2012 beim Filmfestival in Toronto, Anm.) zu schicken, und es war tatsächlich hochinteressant.


Ist Ihr Sohn Henry auch fußballinfiziert?


Nicht ganz so verrückt wie ich. Aber ein bisschen hat er mitgekriegt. Vor einigen Jahren hatten wir ein wunderschönes gemeinsames Erlebnis: Vor Weihnachten holte ich ihn in New York von der Uni ab, wir wollten zu meinem Vater fahren. Und da hatte ich plötzlich eine Idee: „Ich hab ein paar Airline-Meilen gesammelt, und wir haben noch ein paar Tage, was hältst du davon, wenn wir schnell ein Flugzeug nach Buenos Aires nehmen?“ Es ist sich knapp ausgegangen, wir flogen bei Schneefall weg, stiegen bei 38 Grad in Buenos Aires aus und fuhren direkt zum letzten Match der Saison, bei dem es für San Lorenzo um den Meistertitel ging. Dann hat San Lorenzo verloren, aber keiner verließ nach dem Match das Stadion, alle blieben sitzen und weinten. Ich natürlich auch. Es war extrem dramatisch. Und dann sagte Henry zu mir: „Weißt du, Papa, bis jetzt war ich immer Fußballanhänger. Aber jetzt, wo ich das hier erlebt habe, bin ich wirklich Fan!“


Steckbrief


1958 wurde Viggo Mortensen in New York geboren, er verbrachte seine Kindheit in Argentinien, Venezuela, Dänemark und Schweden.


2001 wurde er kurzfristig für „Herr der Ringe“ für die Rolle des Anführers Aragorn engagiert. Danach u.a. „Tödliche Versprechen“, „Eine dunkle Begierde“ oder „On the Road“.


2014 lief „Jauja“ in Cannes in der KategorieUn Certain Regard. 



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